Reisebericht vom 3. Äthiopienaufenthalt im November 2011

„Die ersten paar Tage verbrachten wir in Addis in Projekt 1 bei den uns vertrauten Kindern und Mitarbeitern. Hier herrschte ein reges Treiben. Alle waren mit Vorbereitungen für die lange Busfahrt nach Doyogena, zum großen Eröffnungsfest von Projekt 2 beschäftigt. Alle waren aufgeregt denn so eine tolle Busreise, noch dazu mit Übernachtung im neu gebauten Tagesheim, kommt nicht gerade alle Tage vor. Auf der ganzen Fahrt sangen, klatschten, trommelten und tanzten die Kinder in ausgelassener und fröhlicher Stimmung.

Das neue „Let me be a child“-Gelände in Doyogena beeindruckte uns außerordentlich. Vor 3 Jahren zeigten uns die örtlichen Gemeinderäte den Standort, also grüne Wiese mit Eukalyptusbäumen. Im letzten Jahr bewunderten wir die große Baustelle, und dieses Mal durften wir das fertige Anwesen unseres 2. Kinderprojektes auf dem Lande bewundern.

Die beiden großen Gebäude (Kinderhaus und Gästehaus) nach den Plänen und Entwürfen von Marius Bierig, unserem Vereinsgründer erbaut, sind wunderschön geworden. Die Dorfbewohner haben wohl noch nie so große und schöne Gebäude gesehen. Allerdings muss das ganze Anwesen durch eine hohe Mauer geschützt sein, dafür schmückt ein wunderschönes schmiedeeisernes Tor den Eingang. Hier haben die neuen Kids genug Platz zum Spielen. Außerdem dürfen künftig an den Samstagen auch Kinder von außerhalb zum Fußballspielen usw. ins Projekt herein.

Kinderhilfe, die direkt ankommt

Circa 50 Kinder fanden Aufnahme im neuen Tagesheim. Gleich nach unserer Ankunft verteilten wir zu viert Klamotten an die neuen, schüchternen Kinder. Auch für die neuen Mitarbeiter hatten wir genug dabei. Die Kinder zu beschenken ist die größte Freude. Auch Fußbälle und Süßigkeiten wurden von Gästen aus Deutschland verteilt.

Die „Opening-Ceremony“ war für uns ein ganz großes Erlebnis. Schon lange standen alle Kids mit äthiopischen Fähnchen in den Händen Spalier, um die „prominenten“ Gäste aus Deutschland und Äthiopien zu begrüßen. Das ganze Gelände war mit Girlanden in den Farben der äthiopischen Flagge geschmückt. Alle trugen Schildkappen mit der Aufschrift „Let me be a child“.

Aus der näheren Umgebung waren alle wichtigen Persönlichkeiten (Dorfälteste, Bürgermeister, Gemeinderäte) eingeladen.

Etagegne Bierig, unsere Vereinsgründerin, trug zur Feier eine wunderschöne äthiopische Tracht und hielt ihre Ansprache vor den Gästen in amharisch über Entstehung, Verlauf und Entwicklung von „Let me be a child“. Es folgten noch etliche Reden, zum Beispiel von Marius Bierig in englischer Sprache, von Etagegnes Bruder Balatchow (Lehrer und Lachtherapeut) und weiteren wichtigen Personen. Balatchow war sozusagen der Moderator für Begrüßungen, Ehrungen und Ansprachen.

Einheimische Vortragsredner aus Doyogena dankten Etagegne und Marius für ihr Lebenswerk, ihren Einsatz für arme Menschen in Äthiopien. Einer meinte, man müsse fortan die Tradition, an der bei der Geburt eines weiblichen Kindes nur dreimal mit lautem Zungenschlagen jubiliert wird, ändern und ebenfalls genauso oft jubeln wie bei der Geburt eines Knaben, weil Etagegne als Frau so Großes geleistet hat. Über diesen Vorschlag lachten alle recht herzlich.

Natürlich freuten sich nach Beendigung des offiziellen Teils alle Gäste auf das herrliche äthiopische Buffet.

Das Hilfsprojekt trägt Früchte

Es ist eine Freude, was inzwischen aus unserem Projekt geworden ist. Unsere Kinder in Addis entwickeln sich sehr gut. Viele sind schon fast „junge Erwachsene“, die heuer mit ihrer Ausbildung beginnen. Einige unserer jungen Leute befinden sich bereits im Selam-Berufsausbildungszentrum in Addis Abeba.

Schon zweimal besuchten wir diese große Ausbildungsstätte, die 1986 vom Schweizer David Röschli gegründet wurde. Die älteste Adoptivtochter Zahai gründete ebenfalls vor 25 Jahren ein Waisenhaus für ärmste Kinder, die ihre Eltern durch Bürgerkrieg, Krankheit oder Dürre verloren hatten. Wir hatten das Glück, dass während unseres Addis-Aufenthalts die große Silber-Jubiläumsfeier des Selam-Kinderzentrums von Zahai Röschli stattfand. Auf dem gesamten Geländer herrschte bei schönem Wetter eine ausgelassene und fröhliche Stimmung.

Wir besuchten auch verschiedene Schulklassen in Addis, in die einige unserer Kinder gehen und fragten die Lehrer nach dem jeweiligen Thema, das sie gerade lehren. Wir durften auch fotografieren.

Insgesamt ist es wunderbar, ein stückweit miterleben zu dürfen, wie unsere Kinder heranwachsen und langfristig wirklich eine Perspektive haben. Die älteren unserer Kinder sprechen inzwischen auch viel besser Englisch als noch vor 3 Jahren, ebenso die Mitarbeiter. Das erleichtert die Verständigung in erheblichem Maße.

Abschließend bedanke ich mich aufs allerherzlichste bei Etagegne und Marius Bierig für die großartige Arbeit, die sie von Deutschland aus und natürlich vor Ort für Äthiopien leisten.

Herzliche Grüße von Traudl Hofmann“